Warum braucht es immer Begrifflichkeiten?


Meisten, sehr häufig eigentlich, werde ich schief angeguckt, wenn ich das Wort "Unerzogen" in den Mund nehme. Ich könnte stattdessen vermutlich auch "Erziehungsfrei" sagen oder "Ohne Erziehung". Vermutlich, würde ich behaupten, wäre das tatsächlich eine bessere Idee, da "Unerzogen" irgendwie die Gemüter hochkurbelt - verrückt, oder? Was eine bescheuerte Begrifflichkeit so ausmacht. Und warum "Unerzogen" nun "Unerzogen" heißt - tja, was soll ich dazu sagen. 
Meine Haltung ist nun einmal so, selbst wenn ich die Begrifflichkeit aus meinem Wortschatz entreiße, sie umbenenne - es bleibt dasselbe.
Gruppierungen geben sich Namen - das war schon immer so. Nicht nur, was Kinder anbelangt, auch in allen anderen Bereichen, politisch oder was weiß ich, überall schmeißen die Leute mich Begrifflichkeiten um sich. Damit man weiß, worum es geht. Es geht auch um Zugehörigkeitsgefühl. Um Zusammenfindungmöglichkeiten.  
Und tja, auch meine Haltung, die ich ganz klar zu Unerzogen rechnen würde, ist nunmal genau das: eine Haltung und sie hat überhaupt nichts mit Erziehung (im klassischen Sinne) zu tun. Und ich habe sie - ganz wichtig - all meinen Mitmenschen gegenüber. Nicht nur dem Lütten. 
Sehr, sehr gelungen finde ich den Vergleich und die folgende Beschreibung!

Fiona von Unverbogen Kind sein schreibt hier: 
"Ich habe folgenden Vergleich schon einmal gemacht, weil ich ihn sehr greifbar empfinde: Unerzogenheit als Lebenseinstellung ist wie die Entscheidung vegetarisch zu leben, weil dort Tiere Gewalt erfahren und sterben müssen. Es ist eine Haltung, die du annimmst und die dich mit anderen Menschen mit derselben Haltung verbindet.
Jede Haltung baut natürlicherweise auf ein paar kollektiven ‚Spielregeln‘ auf. Beim Vegetarier ist es der Verzicht auf Fleisch (beim Veganer auf sämtliche tierische Produkte), beim Unerzogenen ist es der Verzicht auf erzieherische Handlungen. Ansonsten können diese Menschen mit derselben Haltung sich aber völlig voneinander unterscheiden. Die Umsetzung der Haltung ist nicht identisch, wenngleich es immer Berührungspunkte gibt. 
Unerzogenheit bedeutet den bewussten Verzicht auf Erziehung."

Also, mit Vegetarismus und Veganismus kenne ich mich aus, da finde ich mich wieder. Genauso wie bei sehr vielen Dingen, die Unerzogen ausmachen. Und deswegen wage ich genau das zu behaupten: mich zu Unerzogen zu zählen, meine tagtäglichen Versuche, unerzogen zu leben - mit meinemUmfeld. Weil es meinem Wesen entspricht. Meiner Vorstellung davon, wie Menschen miteinander umgehen sollten.
Also ja, Begrifflichkeiten ... Wichtig, einerseits, andererseits auch durchaus Gemüter aufkochend. Muss man mit leben.  

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