Neue Normalität

Heute morgen, als ich die Kids in ihre außerfamiliäre Betreuung brachte, dachte ich: "Okay ja gut, so ist das dann jetzt - langsam fühlt es sich real und wirklich an."

Das große C, das Ding mit dem Virus, dieses 2020, von dem gar nicht mehr so viel übrig ist.


Vor allem diese Warterei hat ein Ende, womit ich sehr einverstanden bin. Warten auf neueste Neuigkeiten, warten auf diese elendigen Pressekonferenzen, dieser zwei-Wochen-Rhythmus ... Das ist halt jetzt alles normal. Und auch nicht mehr in dem Maße vorhanden wie noch in April und Mai. Sehr angenehm!

Kindergarten und Tagesmutter laufen, Arbeit läuft, wir fahren keinen Nahverkehr (aber das eh schon vorher kaum) und dafür bin ich bisher viele hunderte Kilometer geradelt.

Wäre auf der Arbeit kein Mundschutz vonnöten, wäre im Nahverkehr keine Mundschutzpflicht, müssten wir nicht jedes Mal, wenn man ins Hallen- oder Freibad will eine Reservierung machen - ich würde es langsam doch glatt vergessen. Denn ja, im Großen und Ganzen passt es alles; inzwischen irgendwie.

Weil wir vielleicht vorher doch schon ein sehr corona-konformes Leben hatten: keine Besuche in die Stadt, keine Geschäftszerstreuungen, kein Theater, kein Kino, keine Restaurants, keine Cafés - weil es irgendwie gerade doch nicht passt. Und weil seit März es eh keinen Alltag gibt. Und weil wir den Alltag brauchen, um Freiheiten zu haben. Gemeinsame, eigene. 

Ja, der Herbst kommt. Er ist schon sehr nahe, ich sah gestern erste Bäume im vollendeten Nichtgrün. Letzte Rosen, letzte gelbe Sommerblumenblüten.

Neue Sucht

 Ich behaupte ja immer, ich wäre nach nichts süchtig. Auf gewisse Weise mag das stimmen. Auf andere aber wiederum nicht.

Ich stehe auf Bücher, auf Kaffee (bzw. allgemein viele koffeinhaltige Getränke), auf Zucker. Nur so ein kleiner Teil meiner noch kleineren oder größeren Süchte.

Die Tage stolperte ich HIER herüber und - nun ja - es ward um mich geschehen. Mein Wunschzettel bei meinem lokalen Dealer ist erheblich länger geworden, meine Bücherstapel auf dem Schreibtisch auch! Es ist grandios furchtbar. Jetzt brauche ich Zeit, Schokolade und - nun ja, Kaffee.

Wenn ihr also gerne Menschen zuhört, die über Bücher reden, so janz frei vonne Leber wech, so ganz ohne Hintergedanken (außer, Menschen wie mich vollends zu begeistern) - dann LOS!

Refvik auf Vågsøy









Ich finde es immer noch beeindruckend - das da oben soll wirklich Norwegen sein? Ich war selbst da, vor Ort, steckte mit den Füßen im Sand; und trotzdem ist es immer noch unglaublich! Und was für ein Wetterchen wir hatten. Okay, soviel des Guten, es war der reinste Wahnsinn. Aber total. Wir waren am perfekten Ort bei perfektem Wetter - und die Kinder erst. Happy hippo quasi, und zwar ununterbrochen.

Moria brennt!

Und zwar nicht nur bildlich, sondern wörtlich und tatsächlich. Und das seit Jahren! Wann kriegen wir endlich mal alle den Arsch hoch? Wann bekommen diverseste Politker*innen von uns einen vor den Latz, damit sie sich bequemen?

Wann werden aus ZAHLEN wieder MENSCHEN? Wann hören wir auf, so zu tun, als hätten wir nichts mit ihnen gemein? Als wären wir jemand anderes und sie DIE ANDEREN. Wann öffnen wir uns und anderen die Augen, damit sie sehen, WAS ist? WIE es ist und WARUM es so ist?

Wann scheißen wir auf unsere Privilegien und werden wieder MENSCH?

Diakonie Österreich



Refvik Camping



Dies war tatsächlich der einzige Abend in den drei Wochen, an dem wir nicht mit den Kindern ins Bett gefallen sind, diese vor uns schliefen und wir noch bequem vor dem Wölkchen sitzen und uns den Abendhimmel anschauen konnten.

Von Grotlesanden auf Bremanger sind wir direkt auf eine Nachbarinsel gefahren und haben dort noch gestanden. Auf dem Ausweichfeld des eigentlichen Stellplatzes, denn der war schon rappelvoll, aber gut, so hatten die Kinder mal wieder eine Menge Platz um sich herum und der Strand war auch gar nicht mal so schlecht ;)

20. April

Ich habe gehadert mit dem Geburtstag des Frühlingsmädchens. Der 20. April. Es ist derselbe Tag, derselbe Geburtstagstag wie Adolf Hitler. Ja, das war nicht der Plan. Also nicht meiner. Ich mochte diese Verknüpfung nicht. Und es war einer meiner ersten Gedanken, als sie auf der Welt war.

Ich las alles von Anne Frank. Ich las alles über Anne Frank. Schon sehr früh. Und mehrmals. Und immer wieder. Und immer mehr.
Ich las von Konzentrationslagern, von Gaskammern, von Tod und Vertreibung von Millionen von Menschen, von Minderheiten, die verfolgt und getötet werden.

Inzwischen kann ich das nicht mehr. Ich kann nicht mehr von Frauen und Männern und Kleinstkindern lesen, die auseinander gerissen nacheinander in den Tod gingen.  Die vergast wurden, verbrannt wurden, verschart wurden. Die auf Todesmärschen starben, denen alles genommen wurde: Familie, Freunde, Würde, Leben.

Nach dem letzten Wochenende bin ich anderer Meinung. Nach diesem letzten Wochenende glaube ich, dass es Erinnerung bedarf. Immer und immer und immer wieder. Mehrmals. 

Ich werde ihr erzählen, mit wem sie sich ihren Geburtstagstag teilt. Wer Adolf Hitler war. Ich werde ihr von Anne erzählen. Von vielen anderen, die Bücher über ihre Leben im zweiten Weltkrieg geschrieben haben. Wie das alles gewesen ist. Damals, so wie ich es erfahren habe. Ich werde weinen, weil ich es nicht verstehe und weil es mich verrückt macht.

Verrückt, dass es wieder möglich ist. Dass in Deutschland Leute mit Nazis marschieren. Dass Nazis in Deutschland demonstrieren. Dass die Grenzen aufweichen, verwischen - und dass kaum darüber geredet wird. Es ist verrückt und es macht mich wahnsinnig.

Wie kann das sein?

Kackschön








Beinahe fünf

In nicht mal zwei Monaten wird der Herbstjunge fünf. FÜNF! Das sind eine ganze Hand voll, alle fünf verdammten Finger davon, wann bitte sind diese letzten Jahre denn vergangen? Es ist der fünfte Herbst. Der Herbst, in dem wir Eltern wurden. Das erste Mal.


Vor einem Jahr wohnten wir erst ein paar Wochen hier im Haus und er traute sich langsam an die anderen Nachbarn heran - zu dem Zeitpunkt noch nur Eltern-Großeltern-Urgroßeltern-Style-Nachbarn mit einer oder zwei kleinen Ausnahmen.

Das ist sein Stil: zunächst langsam, vorsichtig, bloß nicht zu schnell, ich sage immer: er ist wie ich, abwarten was passiert. Und dann doch irgendwann warm werden, kann auch etwas länger dauern. Und wir lassen ihn. Wir erklären ihn bei Bedarf vor anderen. Er darf selbst bestimmen, wie lange, wie nah, wie fest eine Verbindung, eine Beziehung ist. Für ihn.
Witzig, dass ich viel mit diesem Charakterzug gehadert habe; obwohl es mich genauso betrifft. Bis heute. So sind wir. So ist er. So bin ich.

 
Heute verschwindet er für mehrere Stunden mit dem neuen Nachbarsmädchen, welches nur ein halbes Jahr jünger ist als er, und die Zwei hüpfen zwischen unserem Haus und dem Nachbarhaus hin und her und es ist einfach nur wunderschön.


Er trägt Zöpfchen, er mag Haarspangen, er liebt seine Outdoorzipperhosen und Kleider, er ist ein Kuschelbärchen deluxe, an ein eigenens Bett wage ich nicht mal zu denken: warum auch? Ist alles sehr arg fein, wie es gerade ist.

Wir haben so ein Glück. Wir haben einen gesunden, glücklichen, anhänglichen, ängstlichen, aufgedrehten, kuscheligen, freundlichen, genervt-nervenden, fröhlichen, nachdenklichen, energieübersprudelnden Menschen. Wir haben einfach nur so ein Glück.

Auf Bremanger


Ganz heißer Tipp: Grotle auf Bremanger. Und erst recht Grotlesanden - aber dazu später mehr. Übernachten und stehen: sehr herrlich an der Iglandsvik Marina!


Es gibt sogar eine Terrasse, an der man stehen kann: das finde ich einfach nur geil nach so viel nassem, feuchtem Blapps auf den letzten Campingplätzen mit Rasen. 



Mit Privatsteg, den wir allerdings nicht nutzten, weil das dann doch ein wenig blöd ist. Aber am Strand sitzen bzw. auf den Felsen, das fanden wir durchaus akzeptabel.


Wir wollten zum Strand und zu einer Bucht und überhaupt war das dann alles sehr viel schneller erreichbar als gedacht.


So eine Hütte hier zu haben ... Ich wäre dabei.

Zum Schluss am Nordeidfjord



Abendlicher Himmel in Norwegen im August.


Da ging es hoch. Nicht ganz der Trollstigen, aber ähnlich.


Direkt am Kiesstrand stehen und das Sonnenwolkenspiel anschauen.


Blick auf den Fjord.


Blick auf die Stadt (die wir uns allerdings nicht näher angeschaut haben).