Februarlese 2022

 Die Reisevorbereitungen haben voll reingeschlagen: zeitlich, psychisch, unruhelich! Aber langsam wird es besser. Aber lesen schaffe ich definitiv nicht mehr, bevor es losgeht, also gibt es jetzt schon mal die Übersicht über den Februar:



Caleb Azumah Nelson "Freischwimmen", übersetzt von Nicolai von Schweder-Schreiner

Astrid Lindgren "Niemals Gewalt!", übersetzt von Anna-Liese Kornitzky

Ronja von Rönne "Ende in Sicht"

Terézia Mora "Fleckenverlauf. Ein Tage- und Arbeitsbuch"


Ich kann überhaupt nicht einschätzen, wie viel ich es schaffe, auf der Reise zu lesen - nicht nur wegen der Zeit, sondern auch wegen der Bücher, die ich mitnehme (sind die gut, habe ich darauf Lust etc.) und vor allem möchte ich gerne mehr schreiben, unsere Reise ordentlich festhalten. Wäre gut, wenn ich mein "normales" Pensum nicht schaffe, denn ich habe nicht mal ansatzweise genug Literatur für fünf Monate dabei!

Januarlese 2022

Dieser letzte Monat war ein Auf und Ab (was meine Leselieben anbelangt). Am Anfang kam ich nicht wirklich in Schwung - ich werde mir vom letzten Jahr merken, dass es total sinnig ist, in den Anfang des Monats mit entweder dicken, sehr guten Büchern zu starten oder mit tendenziell dünneren, dann liest es sich irgendwie besser ein. So verschlappte ich mich total in "Gesammelte Werke", denn das wurde erst nach Seite 302 besser.

Deshalb habe ich dann eher nur noch kürzere Bücher gelesen, mit zwei oder drei Ausnahmen. Richtig, richtig gut waren "Carls Buch", "Was helfen könnte", "Überwintern" und "2001"!

 

 

Tanja Raich "Jesolo"

Lydia Sandgren "Gesammelte Werke", übersetzt von Stefan Pluschkat und Karl-Ludwig Wetzig

Mona Høvring "Was helfen könnte", übersetzt von Ebba D. Drolshagen

Naja Marie Aidt "Carls Buch", übersetzt von Ursel Allenstein

Lea Schneider "Scham"

Katherine May "Überwintern. Wenn das Leben innehält", übersetzt von Marieke Heimburger

Tina Høeg "Neue Reisende", übersetzt von Gerd Weinreich

Heinz Strunk "Es ist immer so schön mit dir"

Hanne Ørstavik "Die Zeit, die es dauert",

Angela Lehner "2001"

Anna Geselle "Furiositäten. Ein Comic über weibliche Wut" 

 

Dezemberlese


Marieke Lucas Rijneveld "Mein geliebtes Prachttier"

Judith Poznan "Prima Aussicht"

Dita Zipfel "Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte"

Liv Strömquist "Der Ursprung der Welt"

Mariah Marsden "Anne of Green Gables"

Liv Strömquist "Der Ursprung der Liebe"

Liv Strömquist "I'm every woman"

Fatima Daas "Die jüngste Tochter"

Christine Ziegler "Sauer macht listig"

Liv Strömquist "Ich fühl's nicht"

Liv Strömquist "Im Spiegelsaal"

Podcasts

Ich lese nicht nur - also doch, phasenweise schon, aber bei der ganzen Hausarbeit kann ich es so schlecht. Also höre ich dabei Podcasts. Und die handeln, häufiger zumindest, von Büchern. Und ihren Inhalten. Oder ihren Verfasser*innen. Oder ...

Ganz neu entdeckt habe ich in diesem Jahr die DRINNIES

Heiß und innig geliebt (wie auch schon im letzten Jahr) Letzte Lektüren - Neue Texte

Den Monatslese Podcast von Tina und Anne

Außerdem die eine oder andere Folge von Maria Anna Schwarzberg Vollkommen Unperfekt

 Feiste Bücher von Silvi Feist

Und natürlich etwas mit Feminismus im Titel: Die*Buch. Der feministische Buchpodcast

In den letzten Wochen, gerade erst entdeckt und noch am entdecken, die kleine schwarze Chaospraxis 

 

Novemberlese


 Hannah Lühmann "Auszeit"

Marieke Lucas Rijneveld "Was man sät" (übersetzt von Helga van Beuningen)

J. Courtney Sullivan "Fremde Freundin" (übersetzt von Andrea O'Brien und Jan Schönherr)

Bita Schafi-Neya "Gebrauchsanweisung für Iran" 

 


Oktoberlese

 
Simone Hirth "Das Loch"

Ava Farmehri "Im düstern Wald werden unsere Leiber hängen", übersetzte von Sonja Finck

Ja, tatsächlich, das waren sie schon. Hmmm ...
 
 

 

Anfänge


"Mama, ich sage selbst dem Eisverkäufer oder der Eisverkäuferin in der Eisdiele, was ich für ein Eis möchte."

Dieser Satz ist so oder so krass genug für den Fünfjährigen gewesen - denn,

- er möchte selbst sein Eis bestellen; ganz alleine!

- in einer fremden Stadt in einer ihm nicht bekannten Eisdiele mit einem ihm völlig unbekannten Menschen hinterm Tresen

Ok, voll cool genug. Aber dann mit dieser Selbstverständlichkeit, mit der er von "Eisverkäufer oder Eisverkäuferin" redete, faszinierte mich vollends.

JA, mir ist gendern total wichtig! JA, ich bin davon überzeugt, dass die Welt so ein kleines bisschen besser wird! JA, ich gendere mich so durch den Tag und freue mich darüber, dass es eine Selbstverständlichkeit zu sein scheint. Denn da müssen wir hinkommen. Besser früher als später.

 

Septemberlese

 

Anne von Canal und Heikko Deutschmann "I get a bird"

Natalie Amiri "Zwischen den Welten. Von Macht und Ohnmacht im Iran"

Mithu Sanyal "Identitti"

Alice Munro "Der Traum meiner Mutter" übersetzt von Heidi Zerning (abgebrochen nach der Hälfte)

Paolo Giordano "Schwarz und Silber" übersetzt von Barbara Kleiner

Mareike Fallwickl "Dunkelgrün fast Schwarz"

Paolo Giordano "Der menschliche Körper" übersetzt von Barbara Kleiner

Diese Krux mit dem "gut gemeint" ist häufig "aber nicht alle bedacht"

Ganztagsbetreuung, schön und gut. Jedes Grundschulkind sollen einen Ganztagsbetreuungsplatz bekommen. Heißt es so aus der einen oder anderen Ecke. Es wird nicht von einer Pflicht gesprochen, soweit ich weiß, aber es soll jedem Kind ein Angebot gemacht werden können. In der Zukunft. Weil Stand jetzt: nada!

Ich weiß, dass an den Stadtteiltgrundschulen hier es um die wenigen Hortplätze ein Hauen und Stechen gibt und man weit im Voraus sich einen Platz sichern muss. Weil dem eben nicht ist. Jedes Kind ist schulpflichtig, ahajaschön leider nein, aber der Bedarf an Hortplätzen ist größer als das Angebot. Es hätten gerne deutlich mehr Eltern einen Nachmittagsbetreuungsplatz.


 

Ganztagsbetreuung. Das kann nicht die Lösung sein. Weder als Übergangs- noch als schlussendliche Lösung. 

Es hat einen Grund, dass wir unseren Ganztagsplatz im Kindergarten (der bis viertel nach vier ginge) nicht nutzen. Weil es einem Kind nicht gut tut. Und weil wir, ich denke das wäre in der Grundschule anders, nicht die Möglichkeit haben, es bereits um drei abzuholen.

Ich als Mutter möchte mein Kind in guten Händen wissen. JA. Das trifft auf alle zu. 

 

Ich möchte aber auch, dass mein Kind sich frei entfalten kann und selbst entscheidet, was es wann machen möchte. Für MICH war es so wichtig, nach der Schule nach Hause zu kommen und ZU HAUSE zu sein. Und meine Mutter ist Arbeitnehmerin. Mein Vater übrigens auch. Und es ging. Es war nicht einfach, wirklich nicht, aber es war möglich.

Unser Kind ist bald sechs Jahre alt. Es ist im Waldkindergarten. Es rennt im wahrsten Sinne des Wortes vormittags vier Stunden durch den Wald. Das alles ist dann Geschichte. Vormittagelang draußen rennen! Schließt sich aus mit der Schule, oder? Meistens zumindest.

JA, die ersten Grundschuljahre sind meist kurz, am späten Vormittag ist das Kind wieder Zuhause. Ich habe aber zum Glück eine Arbeit, bei der Gleitzeit möglich ist (der Mann übrigens auch). Ich habe eine große Freiheit bezüglich meiner Arbeitszeit (der Mann an zwei von vier Tagen auch). Ich habe eine Teilzeitstelle (der Mann übrigens auch).

So, da setzen wir mal an: Teilzeit für alle, die wollen, möglich machen. Gleitzeit ermöglichen, wo es machbar ist. Lasst uns Eltern und gerne auch allen anderen Menschen die möchten die Freiheit, dann zu arbeiten wenn wir können und wollen. Morgens mittags abends nachts scheiß drauf. Geht nicht immer, ich weiß, ist nicht überall möglich, schon klar, aber unnötig einschränken - die Zeit muss vorbei sein.

Ach ja, und eine Vier-Tage-Woche und das bedingungslose Grundeinkommen wären auch sehr schön. Ungemein fein.

Ich rede von Wahlfreiheit. Möchte ich, dass das Kind den ganzen Tag in und an der Schule verbringt? Möchte ich Vollzeit arbeiten? Wie und wann und wo möchte ich arbeiten? Wie und wo und wann soll das Kind betreut werden? Von wem? Was macht es sonst noch gerne? Wie und womit verbringe ich meine Care-Arbeitszeit? Und wie würde ich sie gerne verbringen?

Ich wünsche mir Räume für individuelle Lösungen. Für eigene Kompetenzfindungen. Für persönliche Entscheidungen, die respektiert und getragen werden können.

Und dann wären da noch die Ferien ...

Auf der Wartburg

 












So richtig coole Ausflugskinder haben wir da. Ein toller Samstag auf der Wartburg in Eisenach. Und von Kassel ist man halt auch mal ganz schön fix da. Der Herbstjunge war völlig begeistert. "Was hat dir am besten gefallen?", fragte eine Freundin, die wir am Sonntagmittag zum Essen und Spazierengehen trafen.  "Die Ausstellungsräume" war die Antwort ... Naha gut, dass es so großartig für ihn war - umso besser!

Familie ist auch ... #mentalload

 ... wenn wir abends noch eine dreiviertel Stunde lang darüber diskutieren, wie wir den nächsten Tag gestalten können, sodass es für alle mehr oder minder passt. Oder auch eine Stunde - letzten Endes.

Weil gerade beide Kinder hustenbedingt zuhause sind und ich zwei Kinderkrankentage hatte und den heutigen Tag nicht auch noch nehmen möchte. Weil das Wölkchen in die Werkstatt muss. Und die ist in Göttingen. Weil der Mann jetzt einen Kinderkrankentag genommen hat. Um dann auch noch solche Dinge zu regeln - zusätzlich. 

Ich habe noch völlig verpeilt im Kindergarten angerufen heute Morgen, nachdem ich zur Arbeit gerast war. Der Mann bei der Kinderärztin für die Krankschreibung, als sie in der Werkstatt angekommen waren. 

Ich habe gestern beide Kinder beaufsichtigt. Den ganzen Tag. Obstgarten, Titus Tentakel und Fische angeln gespielt. Gepuzzelt. Ich habe ein wenig gekocht. Den Fernseher an- und zwei Stunden später wieder ausgemacht. Fünf Maschinen Wäsche gewaschen. Aufgehängt. Noch nicht gefaltet (die IKEA-Taschen stapeln sich um vorletzten Flur). 

Ich habe Blumen gehäkelt und ein wenig gelesen. Kaffee getrunken. Abends kam noch eine Freundin vorbei. Wir haben Babysachen aussortiert und Kisten geschleppt. Um halb neun Uhr abends hat das erste Kind geschlafen. Das andere um viertel nach neun. Um zehn bin ich ins Bett.


Als Beispiel für so vieles

In der zehnten Klasse verloren wir als Jahrgang sehr plötzlich und unerwartet einen Mitschüler. Für mich war er das, ein Mitschüler aus der Parallelklasse. Für so viele andere um mich herum war er ein sehr guter Freund, ein Begleiter seit Kindertagen, der beste Kumpel.

Zur Beerdigung gingen die gesamten zehnten Schulklassen unserer Schule. Wir sollten uns alle am Grab verabschieden. Ich war in diesem Alter noch nie auf einer Beerdigung gewesen.

Ich hatte lange, blonde Haare. Sie waren mir zu hell für so einen traurigen Anlass und ich trug eine dunkle Mütze, weil ich fand, das würde besser passen.

Wir sollten immer zu mehreren ans Grab gehen. Ein Mitschüler sagte, er würde es mit mir machen, aber nur "wenn du diese Mütze abziehst".

Ich fühlte mich nicht verstanden. Ich wusste nicht, was das sollte. Konnte er nicht sehen, dass ...

Diese Situation steht für so viele Situationen davor, danach und inzwischen, die ich anders sehen kann. Die ich immer noch nicht verstehe, aber die ich manchmal nehmen kann, weil es mir zuviel Kraft kostet, es anders zu machen. Und manchmal, da merke ich auch nach 17 Jahren, dass ich es immer noch nicht verstehe.

So stehe ich manchmal inmitten der Gesellschaft, inmitten von Menschen, und verstehe sie nicht. Und niemand kann es mir erklären. Weil ich keine Worte dafür habe. Immer noch nicht und vielleicht auch niemals.