Verbote

Auf Instagram schrieb ich bereits gestern kurz und eher unvollständig über eine Begebenheit, die sich gestern Abend zutrug und die mich in dem Moment schockte - und mir gleichzeitig aufzeigte, warum ich es anders versuche. Anders mache. Warum ich dahinter stehe wie und warum ich Dinge anders handhabe als es eben andere tun. Und warum viele, viele andere es inzwischen auch anders handhaben und anders machen. 

Der Herbstjunge spielte mit dem Nachbarsjungen. Lange Zeit, sehr viel, unterschiedlichste Dinge, alles im Garten der Nachbarn. Der Nachbarsjunge ist doppelt so alt, also acht Jahre in einigen Tagen, und hatte Spielzeug aussortiert. Davon durfte der Lütte sich etwas aussuchen. So Sandelzeugs, es wurde (jaaaaaaaaaaaaaa), ein Bagger. Wir können jetzt Mega-Monster-Baustelle spielen. Gut, richtig spannend waren aber natürlich die Sachen, die auch dort herumlagen, aber nicht aussortiert waren und die der Nachbarsjunge behalten wollte. Unter anderem eine Kettensäge. Boah, WOW, eine Kettensäge. Die funktionierte nicht mehr, ist wohl laut Angaben auch wirklich kaputt, also neue Batterien reinmachen bringt es nicht, aber sie war trotzdem spannend. Weil es immer noch genügend Hebel und solche lustigen Dinge gab. Leider wollte der Nachbarsjunge sie uns nicht überlassen, nein, er betonte sogar permanent und sehr ausdrücklich, dass die bei ihm bleibt. Ist ja auch seine, völlig verständlich. Nur war Essenszeit, die Nachbarn wollten essen, ich hatte Hunger, also sollte es losgehen.

Dauert halt ein bisschen länger. Weil der Lütte sich nicht trennen mag von der Motorsäge, die aber in Nachbars Garten bleiben muss. Alles sehr unpraktisch und - völlig verständlich - frustrierend. Und ich hatte Hunger! Das war auch ein Problem. Alle Probleme auf einmal; wissta ja, Gleichzeitigkeit und so. Ätzend!

In jedem Fall fragte der Nachbarsjunge irgendwann: "Guckt er irgendwas gerne im Fernsehen?" Ich antwortete ihm: "Ja, wir schauen dies das jenes blablubb ..." Und daraufhin er, ganz im Ernst und irgendwie emotionslos: "Dann sag doch einfach dass er das morgen nicht gucken darf, dann kommt er mit."

Okay, sogar jetzt verschlägt es mir noch die Sprache. Auf so eine BESCHISSENE Idee käme ich nicht mal mehr! Aber ein Achtjähriger! Ich fass es nicht. Was soll das bitteschön?!

Es gibt so viele Dinge, die mich seit dieser Begebenheit beschäftigen. Zum Einen: offensichtlich ist für den Achtjährigen der Bildschirm so wichtig, dass es für ihn das Schlimmste ist, diesen zu verbieten. Was allerdings scheinbar geschieht, wenn er nicht fluppt. Verbote hoch zehn also. Ich schätze eher, dass man beim Herbstjungen andere Geschütze auffahren müsste. Z.B. alleine ins Bett gehen müssen. DAS wäre eine richtig harte Strafe für ihn. Schlimmer als alles andere. Da kann ich über Fernsehverbot nur müde lächeln.

Zum Anderen: Was bringt mir, uns, ihm das? Wenn ich jetzt so reagiert hätte, gedroht hätte, bestraft hätte - was würde es nützen? Gar nichts. Machtmissbrauch nenne ich das. Beschissener Machtmissbrauch, der für nichts gut ist. Der mich nicht mit meinem Kind verbindet. Der uns trennt. Gewaltig trennt. Und noch viel mehr Stress auslöst und Geschrei und Missverständnisse.

Also dass viele Menschen Dinge im bedürfnisorientierten Umgang nicht verstehen oder sogar anprangern: OK! Aber ernsthaft; bestrafen, Androhungen ... Die werde ich niemals nachvollziehen können.

Wir haben den Garten ganz ohne Geschrei, ganz ohne Strafen, ganz ohne Verbote verlassen. Ich habe die Motorsäge weggepackt, nachdem der Herbstjunge sie auf den Rasen gelegt hatte. 

Ich war echt nicht stolz auf mich in den letzten Woche. Ich fand mich als Mutter sehr oft grausam - nicht meinen Werten entsprechend. Ich war laut, ungerecht, gemein, gestresst.

Aber das, diese Situation gestern Abend - auf die bin ich stolz.

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