Kinderfrei

Ich bin sehr schlecht darin, zu sagen, was ich brauche. Obwohl Jonas es ziemlich gut kann, mich das zu fragen: "Was brauchst du?" 


Meistens kriegt er keine Antwort, weil - Klischee ruft - tatsächlich eines oder beide Kinder Aufmerksamkeit brauchen. Und ich glaube, das nächste Klischee hängt direkt dranne: weil Hochsensible erstmal nachdenken müssen.

Und dazu komme ich eher wenig. Also langsam komme ich auch mal zur Überschrift. und zum eigentlichen Thema.

"Kinderfrei" ist ja so eine Sache. Als Mama vor allem. Ist das schon wieder ein Klischee? Ich fürchte ja, dem ist so. Und nein, Ausflüge mit Übernachtung inklusive dem Frühlingsmädchen bei der allerbesten Freundin zählen nicht dazu, auch wenn das wunderschön gewesen ist.


Jonas hatte bereits viel Kinderfrei. Ich kann die Nächte und Tage nimmer zählen, die er, aus beruflichen oder privaten Gründen, sich genommen hat, um nicht bei uns zu sein. Nicht sein zu können. Nicht alle davon habe ich unterstützt, ich habe mich beschwert und meine Befürchtungen vorgebracht. Wenn ich damit nicht einverstanden war. Aber das war, daran kann ich mich erinnern, bisher nur ein einziges Mal der Fall. Von vielen Malen.

Es ist doof, wenn man fragen muss "Darf ich kinderfrei machen?" Für Beide. Man weiß, wie anstrengend es ist für den einen oder die andere. Man freut sich gleichzeitig für den anderen oder die andere, dass er oder sie mal wieder etwas anderes sehen, erleben kann und vor allem eines hat: mehr Ruhe. Mehr Stille. Mehr Aufmerksamkeit. Mehr Bei-sich-selbst-sein.


Es wäre so einfach, zu sagen "Ich will mal alleine einen Spaziergang machen" oder "Ich will einen Kaffee trinken gehen." Das wären immerhin klitzekleine Kindfrei-Zeiten. Mache ich aber nicht. Also irgendwie komme ich dann nicht dazu, es zu machen. Ich will z.B: seit Monaten zum Friseur gehen. Komme ich nicht zu. Dann müsste ich dort vorbei gehen, einen Termin machen, dann zum Termin hingehen. Und natürlich hasse ich es, dorthin zu gehen, deshalb mache ich es auch nicht. Weil ich so viele Dinge sehr viel lieber mache als zum Friseur zu gehen. Endlich mal kein Klischee, puh.

Der Herbstjunge macht das den ganzen Tag; Ich will! Vom Aufstehen bis zum Schlafen gehen. Er kann das. Ich beneide ihn so sehr darum.

Ich hatte bisher eine kindfreie Nacht. Ganz unfreiwillig und im Krankenhaus dank Magen-Darm, kann ich niemandem empfehlen. Das war so grauselig. 

Der Punkt ist: ich habe eine Stilltochter. Nein, ich würde gerade nicht kinderfrei haben wollen - nicht über Nacht, nicht über mehrere Tage. Aber in meinen Träumen, ja, dort habe ich kinderfrei und mache ein Yoga-Wochenende am Arsch der Welt. Und ich weiß, das schließt sich aus, aber irgendwann werde ich das machen können.